Gefühle und mentale Schutzmechanismen: Warum wir sie unterdrücken, ausdrücken oder flüchten
Gefühle sind Energie. Sie wollen gefühlt, durch den Körper bewegt und schließlich wieder losgelassen werden. Doch in unserer modernen Welt haben wir kaum gelernt, wie wir mit Gefühlen bewusst umgehen. Stattdessen greifen wir – meist unbewusst – auf drei grundlegende Mechanismen zurück:
Unterdrückung, Ausdruck oder Flucht.
Dieser Artikel beleuchtet insbesondere die Dynamik der Unterdrückung und Verdrängung – und welche Folgen sie für unser Leben, unsere Beziehungen (damit sind alle Beziehungen gemeint) und unsere körperliche Gesundheit hat.
Unterdrückte Gefühle verschwinden nicht – sie stauen sich wie ein Ball, den man unter Wasser drückt.
Unterdrückung und Verdrängung: Gefühle wegpacken, um zu funktionieren
Die Unterdrückung von Gefühlen bedeutet, wir spüren ein Gefühl bewusst, wollen es aber nicht fühlen – und drücken es willentlich weg.
Verdrängung hingegen geschieht unbewusst. Das Gefühl wird gar nicht erst zugelassen, weil es als „nicht erlaubt“, „gefährlich“ oder „schlecht“ bewertet ist.
Beide Mechanismen dienen jedoch demselben Ziel:
Wir wollen nicht von diesen Gefühlen gestört werden. Nicht von ihnen aus dem Alltag geworfen werden. Wir wollen weiter funktionieren.
Doch die Emotion verschwindet nicht einfach. Sie wird innerlich gespeichert.
Diese innerlich gestauten Gefühle zeigen sich später unter anderem als:
Gereiztheit und Stimmungsschwankungen
Schlafstörungen
Erschöpfung ohne ersichtlichen Grund
Verspannungen im Nacken und Rücken
ständige Kopfschmerzen oder Migräne
Verdauungsprobleme, Allergien, Autoimmunerkrankungen
ständiger Bluthochdruck oder auch chronische Entzündungen in Gelenken oder in anderen Bereichen des physischen Körpers
Der Körper spricht die Wahrheit, die wir emotional nicht fühlen wollen.
Warum wir Gefühle unterdrücken
Wir haben gelernt, dass bestimmte Gefühle „nicht okay“ sind:
Wut = respektlos, aggressiv, zu laut
Traurigkeit = schwach, stell dich nicht so an, sei stark, Heulen bringt nichts
Angst = peinlich, reiß dich zusammen, hab dich gefälligst im Griff, du musst mutig sein
Bedürftigkeit = abhängig, Klammer nicht so, du bist zu viel
Scham = das sagt man nicht, das tut man nicht, behalte das für dich
Freude = übertrieben, übertreib nicht so, benimm dich, sei nicht so albern, sei nicht so kindisch
Stolz = Erfolg, Eigenlob stinkt, sei bescheiden, fall nicht so auf
Liebe = gefährlich, mach dich nicht so verletzlich, du wirst ausgenutzt
Sexuelle Lust = schmutzig, unangenehm, unangemessen, darf man nicht zeigen
Diese Wertungen stammen selten aus uns selbst. Niemand von uns ist so auf die Welt gekommen und wurde so geboren. Sie sind übernommen worden und konditioniert – aus Familie, Schule, Kultur, Religion, Medien, Gesellschaft. Wir passen uns an, um dazuzugehören. Und wir zahlen dafür mit innerem Druck und einem enormen Preis.
Projektion bedeutet, dass wir unsere eigenen Gefühle auf andere Menschen übertragen – wie ein Film, der auf eine Leinwand geworfen wird.
Die große Ablenkung: Projektion
Wenn ein verdrängtes Gefühl droht aufzusteigen, wird es oft sofort nach außen verlagert. Das nennt man Projektion.
Wir spüren: „Da ist etwas in mir, das ich nicht fühlen will.“
Statt es in uns wahrzunehmen, sagen wir, dass es zu dem anderen Menschen gehört:
„Der andere ist schuld.“ „Der andere macht mich wütend.“ „Der andere xyz.“
Wir projizieren die unverarbeitete Emotion die meist auf Schuld oder Angst basiert, auf Menschen, Situationen oder ganze Gruppen. Und wir finden schnell „Beweise“ dafür, dass wir Recht haben. „Der andere“ wird nun zum Feind.
So entstehen:
• Streit
• Feindbilder
• Schuldzuweisungen
• Partnerschaftsdramen
• Konflikte in Familien und Teams
Bossing und Mobbing
• Gewalt
• Kriege und Morde
Nicht weil die Welt feindlich ist.
Sondern weil wir unsere eigenen Gefühle nicht fühlen wollen.
Woran du erkennen kannst, dass du es mit Projektionen von anderen Menschen zu tun hast:
wenn du mehr damit beschäftigt bist, zu erklären, dich zu wehren und Behauptungen immer wieder richtig stellen willst oder versuchst das Gegenteil zu beweisen
du tust immer wieder Dinge, die du gar nicht tun willst
du erfüllst die Wünsche, Anfragen, Aufgaben des anderen, sobald du sie nicht mehr erfüllen kannst oder möchtest kommt es zu Vorwürfen oder Konflikten seitens der Person für die du vorher die Arbeit erledigt hast
Du bekommst Verhaltensweisen, Vorwürfe übergestülpt, die mit dir gar nichts zu tun haben.
Es gibt viele weitere Hinweise, doch das würde den Rahmen des Beitrages sprengen.
Um ein „guter Bürger“ zu werden, wird sogar dazu aufgefordert, den Feind zu hassen. Wir bewahren unser Selbstwertgefühl auf Kosten anderer, was letztendlich zum Zusammenbruch der Gesellschaft führt. Der Mechanismus der Projektion liegt allen Angriffen, Gewalttaten, Aggressionen und jeder Form sozialer Zerstörung zugrunde.
Was passiert, wenn wir unsere Gefühle wieder fühlen?
Wenn ein Gefühl einfach gefühlt werden darf – ohne Analyse, ohne Bewertung, ohne Geschichte – verliert es seine Ladung.
Es löst sich auf. Nicht durch Denken, sondern durch Zulassen.
Gefühl + Raum = Befreiung
Das bedeutet:
• Wir müssen niemanden beschuldigen.
• Wir müssen nichts „lösen“.
• Wir müssen niemanden überzeugen.
Wir müssen nur fühlen, was gerade da ist.
Und das ist tatsächlich einfacher, als wir glauben. Das Schwierige ist nicht das Fühlen an sich – sondern die Widerstände davor.
Ein einfacher Einstieg
Setze dich für einen Moment hin.
Spüre deinen Körper.
Atme.
Stelle dir innerlich die Frage:
„Was fühle ich jetzt – ganz ehrlich?“
Und dann:
Kein Drama.
Keine Geschichte.
Nur fühlen.
Wenn Tränen kommen, lass sie.
Wenn Hitze aufsteigt, atme.
Wenn Druck im Brustkorb entsteht, bleib bei ihm.
Der Körper weiß, wie er loslässt. Wir müssen nur aufhören, ihn zu stoppen.
Fazit
Unterdrückte Gefühle verschwinden nicht einfach. Sie verschieben sich – in den Körper, in Beziehungen, in Konflikte.
Projektion ist einfacher als Selbstwahrnehmung, aber sie führt zu Leid – in uns und in der Welt.
Wahre Reife beginnt, wenn wir bereit sind, uns selbst zu fühlen.
Nicht um perfekt zu werden.
Sondern um frei zu werden und dann frei zu sein.
FAQ: Häufige Fragen zu Gefühlen & mentalen Schutzmechanismen
Warum unterdrücken wir Gefühle?
Weil viele Emotionen kulturell als „nicht okay“ bewertet wurden – wir lernen früh, sie zu vermeiden, um dazuzugehören.
Wie erkenne ich, dass ich Gefühle unterdrücke?
Durch körperliche Spannungen, Müdigkeit, Gereiztheit oder das Gefühl, ständig funktionieren zu müssen.
Was hilft, um Gefühle wieder zuzulassen?
Bewusstes Spüren im Körper, ohne Bewertung oder Analyse – einfach atmen und fühlen, was ist.
Sind alle Emotionen gleich gefährlich?
Nein – keine Emotion ist gefährlich. Gefahr entsteht erst durch Unterdrückung und die daraus entstehende Spannung.
Bereit, deine Gefühle wirklich zu fühlen?
Entdecke, wie du unterdrückte Emotionen erkennst und transformierst – für innere Freiheit und emotionale Heilung.
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